Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Anders und Cool in Dresden

Wenn am dritten Oktober in Dresden das Fest der Einheit gefeiert wird und Angela Merkel und Joachim Gauck sich im Verkehrsmuseum ins Goldene Buch der Stadt Dresden eintragen, beherbergt das Museum gerade die Ausstellung „anders? - cool!“. Hier zeigt sich, dass Migration und deutsche Geschichte nicht getrennt voneinander gedacht werden können.

Eröffnung der Wanderausstellung der Jugendmigrationsdienste im Verkehrsmuseum Dresden

"Ein Fremder ist ein Freund, den man nur noch nicht kennt" - Zitat auf einer der Ausstellungstafeln von "anders? - cool!"

Wenn am dritten Oktober in Dresden das Fest der Einheit gefeiert wird und Angela Merkel und Joachim Gauck sich im Verkehrsmuseum ins Goldene Buch der Stadt Dresden eintragen, beherbergt das Museum gerade die Ausstellung „anders? - cool!“. Hier zeigt sich, dass Migration und deutsche Geschichte nicht getrennt voneinander gedacht werden können. 

Am Tag, an dem das Verkehrsmuseum in Dresden zur Eröffnung der Ausstellung „anders? - cool!“ einlädt, beklagt Sachsen zwei Brandanschläge. Der Brandsatz gegen die Moschee und das Kongresszentrum ICC am Abend des 26.9.2016 hat nichts mit der Ausstellung über junge Migrantinnen und Migranten in Deutschland zu tun. Anlass der beiden Anschläge, bei dem zwar kein Mensch verletzt wurde aber die Möglichkeit, dass die Familie des Imam zu Schaden kommt, durchaus in Kauf genommen wurde, waren vermutlich die bevorstehenden Feierlichkeiten zum Fest der deutschen Einheit am Wochenende vor dem 3. Oktober. Dresden putzte sich gerade für den hohen Besuch von Kanzlerin und Bundespräsident heraus. Zelte und Rummelplätze wurden aufgebaut, Sicherheitsvorkehrungen getroffen, Straßen abgesperrt. Und zwischendurch knallte es. Zwei Brandsätze explodierten und versetzten Sachen in Angst und Unsicherheit. 


Jetzt erst Recht

Von Angst und Unsicherheit will man im Verkehrsmuseum nichts wissen. Die Stimmung, die die Eröffnung am Dienstagnachmittag dominiert, ist eher ein trotziges „Jetzt erst Recht.“
„Die Anschläge zeigen, dass Ausstellungen wie „anders? - cool!“ notwendig sind,“ erklärt Staatsministerin Petra Köpping. „Anschläge passieren aus der Unsicherheit heraus und Unsicherheit wollen sie erzeugen.“ Die Wanderausstellung „anders? - cool!“ arbeitet daran, Unsicherheit und Angst vor dem Unbekannten abzubauen und dort Begegnungen zu ermöglichen, wo die Fronten verhärtet scheinen. 

 

Staatsministerin Petra Köpping bei der Eröffnungsfeier der Wanderausstellung "anders? - cool!" in Dresden 

Die jungen Menschen, die in der Ausstellung portraitiert werden, sind aus unterschiedlichsten Gründen und aus den unterschiedlichsten Richtungen nach Deutschland gekommen. Sie sind ausgereist, geflohen, nachgezogen und irgendwann angekommen. Bei den Jugendmigrationsdiensten (JMD) fanden sie Hilfe und Orientierung und heute gehören sie zu unserer Gesellschaft. Sie haben einen Weg hinter sich, den viele junge Menschen gehen und – auch das wird im Verkehrsmuseum gezeigt – sie haben einen Weg hinter sich, der viele Millionen Menschen in hunderten von Jahren immer wieder gegangen sind und weiterhin gehen werden. 

Sebastian Kieslich vom Jugendmigrationsdienst holte die Wanderausstellung nach Dresden.

Mit der Wanderausstellung zeigen die Jugendmigrationsdienste, wie sie junge Menschen auf ihrem Weg in Deutschland unterstützen und wie wichtig Begegnungen sind: Veranstalter Sebastian Kieslich vom Jugendmigrationsdienst Dresden erklärt: "Ich wünsche mir, dass viele Menschen – egal wie alt sie sind und woher sie kommen – die Ausstellung wahrnehmen und so ein Stück in die Welt junger Migranten blicken. Die nächsten Tage sind dafür wie gemacht, da wir wegen der Feier zur Deutschen Einheit hunderttausende Menschen aus nah und fern in Dresden erwarten."

 

 

 

Kein Phänomen unserer Tage 

Migration, so zeigt eine zweite Ausstellung im Verkehrsmuseum, ist kein Phänomen unserer Zeit. Menschen verlassen ihre Heimat seit Menschengedenken. Immer wieder gab es in der Geschichte der Menschheit Fluchtbewegungen. Zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert flohen die Hugenotten, im 18. Jahrhundert die Donauschwaben, Juden flohen in den 30er und 40er Jahren vor den Nazis in alle Welt, DDR-Bürger flohen in die Bundesrepublik. Flucht, Vertreibung und Ankommen hat es immer gegeben

Nehmen die Besucherinnen und Besucher beide Ausstellungen zusammen, dann zeigen sich vor allem zwei Dinge: Unsere heutige Situation in Deutschland ist nicht so singulär, wie immer wieder behauptet wird. Flucht und Migration hat es immer gegeben. Gleichzeitig zeigen beide Ausstellungen nicht nur das große Ganze, sondern dass jede Geschichte eine besondere Geschichte ist. Gezeigt werden in Interviews und Portraits die Geschichten von Einzelschicksalen. Menschen, die ihren Weg gemacht haben und angekommen sind in Deutschland. „Solche Aufklärung brauchen die Menschen, gerade Menschen, die mit Fluchtgeschichten wenig zu tun haben. Angst und Sorgen kann man durch Aufklärung und Bildung überwinden,“ erklärt die Staatsministerin bei der Eröffnung.

Gelb und Schwarz wie Dresden

Um ganz nebenbei zu zeigen, dass viele Menschen eine Reise hinter sich haben, ohne sich dessen bewusst zu sein, haben sich die Jugendmigrationsdienste in Dresden etwas sehr Einfaches und Offensichtliches einfallen lassen, wie Heike Riedel, Geschäftsführerin vom Caritas-Verband erklärt. Beim Einlass in die Ausstellung bekam jede Besucherin und jeder Besucher ein Bändchen angeheftet. Schwarz war das Bändchen der gebürtigen Dresdner und gelb das Bändchen aller Zugezogenen. Am Ende wurde offensichtlich: fast niemand trug ein schwarzes Band. Die Meisten kamen aus Nachbarstädten, vom Land, aus anderen Bundesländern, aus anderen Ländern. Aber Dresdens Farben Gelb und Schwarz ergeben nur gemeinsam das Stadtwappen. Einheimische und Zugezogene müssen sich mischen damit Dresden eins sein kann. Das ist wichtig und außerdem cool.

 

Zum Hintergrund: Die Wanderausstellung der Jugendmigrationsdienste ist seit über 10 Jahren bundesweit unterwegs. Jährlich erreicht sie bis zu 22 Orte und ca. 10.000 BesucherInnen. (Dresden ist der 343. Ort, an dem die Ausstellung zu sehen ist.) „anders? – cool!“ wird an Jugendmigrationsdienste, Schulen, Kirchen, Jugendhäuser und andere Einrichtungen  der Jugendhilfe entliehen. Konzipiert wurde die Wanderausstellung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Jugendmigrationsdiensten und unter Mitwirkung von Jugendlichen. Reale Lebensgeschichten und Migrationserfahrungen der jungen Menschen werden durch Fotos und Interviews dargestellt.

Organisiert wird die Ausstellung durch das Servicebüro Jugendmigrationsdienste. 
Finanziert wird „anders? – cool!“ vom Bundesjugendministerium (BMFSFJ)

 

Die Ausstellung ist noch bis zum 06.10.2016 im Verkehrsmuseum zu sehen. Anmeldungen für Schulklassen werden unter Tel.: 0351-8644133 entgegengenommen.