Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Einigkeit beim Parlamentarischen Frühstück: JMD-Programm Respekt Coaches braucht dauerhafte Perspektive

Ein Workshop zu Fake News, Rollenspiele zum Thema Diskriminierung oder die künstlerische Auseinandersetzung mit den eigenen Werten: Beim Parlamentarischen Frühstück der Jugendmigrationsdienste (JMD) konnten Abgeordnete sich ein Bild machen, wie die Arbeit der Respekt Coaches an Schulen wirkt. Sie sicherten den JMD ihre Unterstützung für eine nachhaltige Finanzierung des Programms zu.

Personen sitzen an einem Tisch.
Schirmpate Hakan Demir (MdB) sprach sich für eine kontinuierliche Förderung des JMD-Programms Respekt Coaches aus.

Demokratie für Schüler*innen erlebbar machen: Das ist ein Hauptziel des Programms JMD Respekt Coaches, das die Jugendmigrationsdienste seit fünf Jahren an Schulen umsetzen. Rund 600 Schulen an 270 Standorten in Deutschland sind beteiligt. Im letzten Jahr haben mehr als 150.000 Schüler*innen an von den Respekt Coaches organisierten Workshops, AGs und Projekten teilgenommen. Die Themen sind vielfältig und richten sich nach den Anliegen der Schulen: von Meinungsfreiheit und Mitgestaltung über den Umgang mit Konflikten und Vorurteilen bis zu Ausgrenzung, Rassismus oder Radikalisierung. So sollen Jugendliche gestärkt und der Zusammenhalt der Gesellschaft gestützt werden. Das JMD-Programm Respekt Coaches trage dazu bei, „dass Schülerinnen und Schüler ein Gefühl dafür bekommen, welchen Unterschied sie mit ihrem eigenen Tun für die Gesellschaft machen können“, unterstrich Hakan Demir, Mitglied des Bundestags und Schirmpate des 3. Parlamentarischen Frühstücks der JMD im März 2023.

Einblicke in die Praxis: „Ich kann mein Umfeld mitgestalten“

Wie die Respekt Coaches Demokratie erfahrbar machen, zeigten vier von ihnen beim Frühstück im Berliner Bundestag anhand von Beispielen aus ihrer Arbeit. Was ist Demokratie für mich und was bedeutet sie für mein Leben – jenseits von Wahlen oder Demonstrationen? Damit beschäftigten sich Schüler*innen in den Workshops von Respekt-Coaches-Mitarbeiterin Lubov Foos (JMD Jena). In verschiedenen Übungen fanden sie heraus, was ihnen im Zusammenleben wichtig ist, und lernten, ihre Prioritäten miteinander auszuhandeln. Sie entwarfen künstlerische Motive zum Thema Demokratie, die auf Sitzwürfel gedruckt und zu einer großen Puzzlewand zusammengefügt wurden. Die Puzzlewand steht jetzt im Pausenraum der Schule, wo sie immer wieder angesehen, bewegt und neu zusammengesetzt wird. So führt sie den Jugendlichen täglich vor Augen: „Ich kann meine Meinung sagen und mein Umfeld mitgestalten.“


JMD Respekt Coaches stellten ihre Arbeit vor und schilderten Reaktionen und Aha-Momente der Schüler*innen.

Aufarbeitung eines rassistischen Anschlags

Fatma Zan (JMD München) wählte für eine Workshopreihe ein Thema mit lokalem Bezug: Über ein Jahr lang bearbeitete sie mit zwei Jahrgängen die Vorkommnisse rund um den rassistischen Anschlag am Münchner Olympia-Einkaufszentrum von 2016. Sie engagierte verschiedene Träger der politischen Bildung, die mit den Jugendlichen Themenschwerpunkte bearbeiteten. Wie funktioniert Mobbing? Wie radikalisiert sich jemand? Wie werden Fake News verbreitet? Sie diskutierten verschiedene Handlungsoptionen mit Erfolg: Als auf TikTok wenig später ein vermeintlicher Amoklauf in Hamburg gemeldet wurde, erhielt Fatma Zan von einer Schülerin die Nachricht: „Ich habe es nicht weiterverbreitet, sondern auf seriöse Quellen gewartet.“ Im Gespräch mit der Angehörigen eines der Anschlagsopfer setzten sich die Jugendlichen mit deren Perspektive auseinander und zeigten sich voller Respekt.

Schulgemeinschaft sensibilisieren, Radikalisierung zuvorkommen

In Eberswalde fanden die Respekt-Coaches-Mitarbeitenden rassistisches und diskriminierendes Verhalten unter Schüler*innen vor, dem sie unter anderem mit einem Bildungsträger in szenischen Perspektivwechseln begegneten. Was bedeutet Ausgrenzung? Wie fühlt sich das an? Wie kann ich mich verhalten? Hinweise auf eine rechtsextremistische Radikalisierung gaben die Respekt Coaches weiter und vermittelten von Diskriminierung Betroffene an Beratungsstellen wie den Jugendmigrationsdienst. Diese Intervention auf Bitten der Schulleitung habe ein präventives Handeln in der Zukunft erst möglich gemacht, berichteten Mirjam Kislat und Christiane Goldschmidt (JMD Barnim-Oberhavel) beim Parlamentarischen Frühstück. Die kontinuierliche Arbeit der JMD Respekt Coaches über drei Jahre hinweg überzeugte die Schulleitung, künftig Präventionsangebote fest einzubinden, bevor es zu Radikalisierung kommt. Die Lehrkräfte erhalten zudem Fortbildungen zum Umgang mit Rassismus – ein weiterer Erfolg der Respekt-Coaches-Arbeit.


Neben konkreten Gruppenarbeiten steht bei den Respekt Coaches die strukturelle Verankerung von Demokratieförderung und Extremismusprävention an den Schulen im Mittelpunkt, betonte Adrian de Souza Martins vom JMD Berlin Neukölln/Marzahn.

Nachhaltige Veränderungen statt kurzfristiger Maßnahmen

Die JMD Respekt Coaches organisieren nicht nur einzelne Angebote, sondern wirken nachhaltig auf die Strukturen der Schule ein. Gemeinsam mit Lehrkräften, Schulleitung und Schüler*innen ermitteln sie deren Bedarfe und Anliegen und entwickeln ein Präventionskonzept. Dieses hält zum Beispiel fest, welche Angebote in welchem Jahrgang verankert werden sollen oder wie die Schule mit Diskriminierung umgeht. Als Externe könnten die Respekt-Coaches-Mitarbeitenden auch mal den Finger in die Wunde legen und auf Missstände aufmerksam machen, erklärte Adrian de Souza Martins (JMD Berlin Neukölln/Marzahn). Ihre Rolle hilft ihnen, den Fokus zu behalten: „Unser Blick geht erst mal auf die Schülerinnen und Schüler. Wir sind dazu da, sie zu schützen und zu empowern.“ Die Respekt Coaches tragen zudem zur Entlastung der Lehrkräfte bei. Sie bringen Fachwissen und Erfahrung mit, kennen Träger der politischen Bildung und Extremismusprävention und können diese fachlich und methodisch beurteilen. Nicht zuletzt verfügen sie über ein Budget für diese externen Angebote.

Politiker*innen befürworten dauerhafte Förderung

Um weiterhin nachhaltig an den Schulen wirken zu können, ist laut den Trägerverbänden der Jugendmigrationsdienste eine langfristige Förderung des JMD-Programms Respekt Coaches notwendig. Erst im letzten Jahr zeigte sich, wie unsicher die Finanzierung derzeit ist: Dank dem gemeinsamen Einsatz von Abgeordneten und Verbänden konnte eine drastische Kürzung der Mittel im letzten Moment abgemildert werden. Eine Möglichkeit, das Programm dauerhaft im Bundeshaushalt zu verankern, sehen die Teilnehmenden des diesjährigen Frühstücks im Demokratiefördergesetz. Für die laufenden Haushaltsverhandlungen sicherten die Politiker*innen ihre Unterstützung zu und bekräftigten die Bedeutung der JMD Respekt Coaches für den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Trägerverbände dankten für den Zuspruch und die bisherige Unterstützung und schlossen in der gemeinsamen Überzeugung: „Eine Investition in die Jugendmigrationsdienste ist eine Investition in die Zukunft Deutschlands.“


Die Arbeit der Respekt Coaches muss dauerhaft abgesichert werden, fordern Politiker*innen und Trägerverbände – zum Beispiel im Rahmen des Demokratiefördergesetzes.

 

Hintergrund

Das Programm JMD Respekt Coaches fördert mit präventiven Angeboten Respekt, Toleranz und den Abbau von Vorurteilen an Schulen. Die Jugendmigrationsdienste setzen das Programm in den Schulen gemeinsam mit Partnern um. Träger der bundesweit rund 500 JMD sind die Arbeiterwohlfahrt, die BAG Evangelische Jugendsozialarbeit, die BAG Katholische Jugendsozialarbeit und der Internationale Bund/Freie Trägergruppe. Beide Bundesprogramme werden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Mehr über das JMD-Programm Respekt Coaches

Text und Bilder: Servicebüro Jugendmigrationsdienste

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