Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

YOUNIWORTH in Diez: Vom Gast zum Gastgeber werden

Die interaktive Ausstellung der Jugendmigrationsdienste motiviert zum Austausch über das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft. In Diez stand die Eröffnung ganz unter dem Zeichen Europas. Doch Vielfalt und Dialog sind auch in Europa keine Selbstverständlichkeit, betonten die Beteiligten.

 

„Alle Deutschen sind pünktlich!“. Dass es sich dabei um ein Vorurteil handelt und wie man denen auf den Grund kommt, konnten Besucher*innen der Ausstellung YOUNIWORTH dieses Jahr unter anderem in Diez in Rheinland-Pfalz herausfinden. In Kooperation mit dem Jugendmigrationsdienst des Diakonischen Werkes Rhein-Lahn hatte das Sophie-Hedwig-Gymnasium rund um den Europatag zur Ausstellung eingeladen.

YOUNIWORTH ist die mobile Ausstellung der Jugendmigrationsdienste. Sie richtet den Blick auf das Zusammenleben junger Menschen in Deutschland. Ziel der Ausstellung ist es, für die Themen Jugend und Migration zu sensibilisieren, Vorurteile zu hinterfragen und einander besser kennenzulernen.

Spielerisch und interaktiv animiert YOUNIWORTH zu einem respektvollen Umgang von Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln, indem sie zum Zuhören, Entdecken und Verstehen anregt. An die Ursprünge des friedlichen Europas wie die 1951 gegründete Montanunion erinnerte bei der Eröffnung Schulleiter Dr. Frank Schmidt, bevor sich namhafte Politiker per Videobotschaft an Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums wandten, das sich seit 2019 Europaschule des Landes Rheinland-Pfalz nennen darf. Um ein respektvolles Miteinander warben Europa-Ministerin Anna Lührmann, Bundestagsabgeordnete Tanja Machalet und Europaabgeordneter Ralf Seekatz, der auf europäische Programme hinwies, die den Austausch junger Menschen in ganz Europa fördern.

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit

Dass es gar nicht selbstverständlich ist, seine Meinung frei äußern zu können und als friedvolle europäische Einheit leben zu können, sagte der Diezer Landtagsabgeordnete und Landtags-Vizepräsident Matthias Lammert. Das zeige nicht erst der Krieg in der Ukraine, sondern auch der dem Europatag vorangegangene 8. Mai, Gedenktag ans Ende des Zweiten Weltkrieges. Heute gebe es wieder Kräfte, die demokratische Strukturen unterwandern wollten. „Es kommt auf Euch an“, so Lammert zu den anwesenden Schülerinnen und Schülern. Demokratie und Freiheit wollten immer erarbeitet sein. „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Tyrannei auf“, erinnerte der Politiker die jungen Menschen an eine Spruchtafel im Landtag. Migration könne bereichernd sein, sowohl kulturell als auch mit Blick auf die fehlenden Fachkräfte in vielen Branchen.

Neugierig sein und gemeinsam Neues aufbauen

Die Diezer Stadtbürgermeisterin Annette Wick erinnerte an die seit vielen Jahren geleistete Integration in Diez, insbesondere in jüngster Vergangenheit seit 2015, als 800 Menschen in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne untergebracht waren. Eine Riesenherausforderung sei das für die 11.000 Einwohner zählende Stadt gewesen, die aber dank des großen ehrenamtlichen Engagements gestemmt wurde. Niemand sei frei von Vorurteilen. Umso wichtiger sei es, sich erst mal kennen zu lernen, bevor man über andere urteilt oder sie gar verurteilt. Kommunikation, Neugier und gemeinschaftlich Neues aufzubauen nannte sie als wichtige Säulen, um Vielseitigkeit leben zu können, zu der es in der globalisierten Welt gar keine Alternative gebe.

Gegenseitiges Wahrnehmen statt erhobener Zeigefinger

Als Sozialarbeiterin und Respekt Coachin wisse sie, dass dies im Alltag nicht immer einfach umzusetzen ist, erklärte Ausstellungsorganisatorin Zarmina Ahmadi vom Jugendmigrationsdienst des Diakonischen Werkes Rhein-Lahn und rief zur Kommunikation auf: „Reden bringt Respekt“. Begeistert von der Neugier der Schülerinnen und Schüler war Rebecca Lefèvre vom Diezer Verein „gemeinsam-zusammen“, der sich in unterschiedlichsten Bereichen für ein nachhaltiges Leben und Zusammenleben einsetzt. „Und das nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern durch gegenseitiges Wahrnehmen“, so Lefèvre. „Vom Gast zum Gastgeber werden“, das sei für sie Migration. Die Schirmherrin der Ausstellung hatte mit den Jugendlichen unter anderem einen Workshop absolviert, damit das Thema nicht aus dem Blick gerät, wenn die Ausstellung weiterzieht. Auf einer Weltkarte konnte markiert werden, wo die eigenen Wurzeln liegen.

Schachmatt kommt aus dem Persischen

Begrüßt von Loreta Orani und Michael Krüger von der Schülervertretung ging es in der neuen Bibliothek der Schule ebenso unterhaltsam wie lehrreich zur Sache. Von Schülerinnen moderiert gab es an den sieben Stationen mit Videos, Animationen oder ganz analog Fragen zu beantworten und Aufgaben zu erledigen. Zum Beispiel die, in kürzester Zeit einen Koffer mit dem zu füllen, was man in ein anderes Land mitnehmen würde. An anderer Stelle wurde über die Frage nachgedacht, was Jugendlichen im Leben wichtig ist, was ihnen Heimat bedeutet und was sie sich für die Zukunft wünschen. Knifflig war das Quiz, die Ursprünge von Wörtern zu erraten, die im deutschen Sprachgebrauch so vertraut sind, wie der aus  Grönland stammende Anorak, die italienische Matratze oder die Begriffe Schachmatt und Schal, die aus dem Persischen kommen. Die eingangs erwähnte Wand, die Aussagen über andere Menschen – Vorurteile, Stereotypen und Klischees – auf den Prüfstand stellte, führte zu Denkanstößen: etwa denen, zu hinterfragen, sich mit neuen Leuten zu unterhalten und neugierig zu bleiben anstatt alles einfach nachzuplappern.

Weitere Eindrücke von der Ausstellung im Video auf dem YouTube-Kanal der Jugendmigrationsdienste

Mehr Infos zum JMD Rhein-Lahn

Mehr über die JMD-Ausstellung YOUNIWORTH

Text und Fotos: Bernd-Christoph Matern, JMD Rhein-Lahn/Servicebüro Jugendmigrationsdienste