Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

Der Jugendmigrationsdienst Montabaur

Engagement zwischen Kleingedrucktem und Sportfesten

Wegweiser durch den Formulardschungel

Wer aus einem anderen Land nach Deutschland einreist, um hier zu leben, hat erst einmal zu kämpfen. Mit Bergen von Formularen, von Behörden, Ämtern, Arge, Schulen und anderen. Selbst Muttersprachler haben ihre Probleme mit dem Beamtendeutsch. Viel schlimmer trifft das Kleingedruckte jedoch jeden, der Deutsch erst einmal lernen muss. Im Jugendmigrationsdienst (JMD) Montabaur steht deshalb die Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen ganz oben auf der Liste der Hilfestellungen für neu Zugereiste. Hier wird übersetzt, erklärt, vermittelt und auch schon mal gemeinsam ein Brief beantwortet. 

 

In einem Boot

Einer der Ansprechpartner, wenn es in Montabaur um den Umgang mit Behörden, das Aufspüren eines passenden Ausbildungsplatzes und andere Fragen des täglichen Lebens geht, ist der JMD-Leiter Alexander Böhler. Böhler weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, neu nach Deutschland zu kommen. Vor 21 Jahren kam er selbst aus Kasachstan. Obwohl er als Deutschstämmiger keine Probleme mit der Sprache hatte, kann sich der JMD-Leiter gut an eine Menge Schwierigkeiten erinnern. Von seinen Erfahrungen profitieren jetzt die Besucher des Jugendmigrationsdienstes: „Wenn ich sage, dass auch ich aus einem anderen Land komme, dann springt eigentlich immer ein Funke über“, sagt Böhler.

Vertrauen fördernd wirken sich auch die Sprachkenntnisse aus: Er spricht Russisch, Kasachisch, Englisch und ein bisschen Türkisch. Das erleichtert das erste Gespräch und macht so manches Problem deutlicher. Gemeinsamer Hintergrund oder gemeinsame Sprache vermögen eine solide Basis für die Zusammenarbeit zwischen Jugendlichen und JMD-Mitarbeitenden zu schaffen. „Wir zaubern hier nicht irgendein Programm, wir fragen die Jugendlichen, was sie brauchen. Nur so kann es gelingen, die jungen Migrantinnen und Migranten von der Straße zu holen und mit ihnen ihren Alltag zu organisieren.“ Gebraucht werden in erster Linie deutsche Sprachkenntnisse. Der JMD Montabaur bietet deshalb ein Übungsseminar an, das die Jugendlichen ergänzend zum Integrationskurs belegen können. Dieser Kurs dient nicht allein der Sprachvermittlung, fast wichtiger ist das Miteinander verschiedener Kulturen. Hier können sich Türken, Kurden, Albaner, Iraner, Iraker und andere zusammensetzen und sich austauschen. Und das auf Deutsch. Der Nebeneffekt des Kurses: es entwickeln sich Lerngruppen, Freundschaften und auch schon mal Partnerschaften.

  

Mit Sport zur Integration

Bei der Skifreizeit geht es um Sport und Gruppendynamik 

 

Auch Sport spielt eine große Rolle im Angebotsportfolio des JMD Montabaur. „Wir haben Fußball- und Volleyballmannschaften, bieten Boxen, Ringen, Tanzen an. Und wir organisieren Sportfeste und Freizeiten“, zählt Böhler auf. Dass sich hierbei für viele Jugendliche Möglichkeiten ergeben, sich mit den eigenen Wünschen und Stärken einzubringen, zeichnet das Sportangebot aus. Erst wird gemeinsam trainiert, dann werden Einzelne dazu ermutigt, Übungsleiterlehrgänge zu absolvieren und anschließend selbst Kurse anzubieten.

Das Team des JMD Montabaur ist davon überzeugt, dass Sport ein dankbarer Weg ist, junge Leute zu motivieren und somit letztlich auch deren Integration voranzutreiben. „Wenn die jungen Migrantinnen und Migranten sich sicher und zuhause fühlen, entwickeln sie Initiative, dann übernehmen sie Verantwortung und gestalten mit. Das wollen wir erreichen“, erzählt der JMD-Leiter. 

 

Abdula, 19

Abdula

Abdula aus dem Irak ist neunzehn. Im Irak war seine Familie von Entführung und Verfolgung bedroht, seit zwei Jahren lebt sie jetzt in Deutschland. Als Abdula aus Bagdad kam, verbrachte er die ersten sechs Monate im Aufnahmelager in Trier. Dann zog die Familie nach Montabaur. Dass er anfangs kein Wort Deutsch konnte, ist dem gewandten jungen Mann heute kaum noch anzumerken. Er spricht fließend Deutsch mit einem kleinen Akzent. Für das Gymnasium hat es nicht gereicht, die zehnte Klasse hat Abdula jedoch erfolgreich abgeschlossen. Jetzt sucht er nach einer Lehrstelle als Mechatroniker. Bei der Jobsuche hat ihm, wie so oft, der Jugendmigrationsdienst in Montabaur geholfen. „Der JMD war von Anfang an unsere Anlaufstelle bei allen Problemen. Meine Schwestern, mein Bruder und ich kommen immer noch hier her, wenn wir Fragen haben. Gerade in der ersten Zeit in Deutschland waren wir oft beim JMD: Die Sprache auf Formularen und Briefen - wir haben nichts verstanden. Jetzt läuft aber alles prima, “ sagt Abdula heute.

Die Begleitung durch den Jugendmigrationsdienst reichte von der Hilfe beim Beantragen von Kindergeld über den Schriftverkehr mit dem Arbeitsamt bis zum Austausch mit der Klassenlehrerin. „Für alle Fälle hatte ich immer die Handynummer von Herrn Böhler in der Tasche“, erinnert sich Abdula an die erste Zeit. „Der Anfang im damals fremden Land war schwer. Aber heute sehen wir das, was in Deutschland schön ist.“

 

Kurzinfo zum JMD Montabaur

Träger des JMD Montabaur ist das Diakonische Werk im Westerwaldkreis, zu dessen Einrichtungen auch die Jugendmigrationsdienste in Westerburg und Ransbach-Baumbach gehören. In Montabaur angeboten werden neben der Einzelfallberatung für Jugendliche, Antiaggressionstraining, diverse Sportgruppen, Tanzgruppen, ein Musikprojekt, IT-Kurse, Bewerbungstraining. Der JMD beschäftigt zwei hauptamtliche MitarbeiterInnen und neun Honorarkräfte. Darüber hinaus engagieren sich 27 Ehrenamtliche. Neben den eigenen Angeboten unterhält der JMD Montabaur ein weit verzweigtes Netzwerk. Dazu gehören „Netzwerk Migration" im Westerwaldkreis mit Sprachkursträgern vor Ort, ARGE, Schulen, Jugendpflegern, Vertretern der Evangelischen Kirche und Vertretern der Kommunen. Außerdem gibt es das „Netzwerk Sport", in dem verschiedene Vereine und Sporteinrichtungen zusammengefasst sind, und das Netzwerk „Hauptamtliche Mitarbeiter der Jugendsozialarbeit im Westerwaldkreis". Mehr unter: www.diakonie-westerwald.de 

 

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