Bild mit vier weiblichen Jugendlichen

JMD unterstützen politikinteressierte junge Menschen

Politik? Ja bitte! Auf diesen kurzen Nenner lassen sich das Interesse und die Aktivitäten zweier junger Migrantinnen aus Afghanistan und eines gebürtigen Syrers bringen. Unterstützt werden sie dabei von ihren JMD-Beraterinnen und -Beratern vor Ort.

JMD-Mitarbeitende stehen jungen Menschen mit Rat und Tat zur Seite.

"Wenn man kleine Probleme löst, dann tauchen größere erst gar nicht auf.“ Dieser Satz verrät viel über den Charakter von Samira Taheri. Die 22-jährige Augsburgerin mit afghanischen Wurzeln denkt pragmatisch und zielorientiert. „Ich möchte den Menschen helfen, dass alles richtig läuft“, betont sie. Es sind Themen wie Gleichberechtigung, Migration und Asylrecht, aber auch der Gesundheitsbereich, die sie beschäftigen. Je älter sie wurde, desto mehr wuchs ihr politisches Interesse: „Ich war sehr jung, als ich hierhergekommen bin, da bekommt man nichts mit.“. Inzwischen steht sie vor der Abschlussprüfung zur Pharmazeutisch-Technischen Assistentin. „Mit der Ausbildung verändert sich die Sicht“, stellt Samiras Betreuer Manfred Hörr vom JMD Augsburg (Diakonie) fest.

Beteiligung junger Menschen lohnt sich

Auch Ahmad Albittar engagiert sich politisch. Der 26-jährige Syrer, der vor ein paar Monaten von Chemnitz zu seiner Familie nach Freiburg übergesiedelt ist, möchte ein Beispiel sein und jungen Menschen zeigen, dass es sich lohnt, mitzuwirken: „Junge Menschen haben einen anderen Blick, weswegen wir mehr Interesse haben sollten, denn es geht um unsere Zukunft“.

Sein politisches Bewusstsein wurde von seinem Großvater geprägt, erzählt Ahmad. Mit ihm habe er als Kind die Nachrichten angeschaut und besprochen. Mit 16 Jahren ist Ahmad dann aus seiner Heimat geflohen, hat sein Abitur im Libanon gemacht und kam danach nach Deutschland. Langsam, erinnert sich der Auszubildende, begann er, sich für Projekte zu engagieren, „damit sich zugewanderte junge Menschen für Politik interessieren.“ So war Ahmad in der Jury der Initiative „Unmute Now“, die im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 Projekte förderte, „um junge Stimmen für eine starke Demokratie laut werden zu lassen“, wie es in der Ausschreibung heißt.  Ein Treffen im selben Jahr mit Bundestagsabgeordneten von FDP, CDU und SPD, das der JMD Chemnitz organisierte, hat ihn beeindruckt. „Politiker zu werden, ist mein Wunsch seit meiner Kindheit“, erklärt der 26-Jährige. Beginnen möchte er dabei auf lokaler Ebene. 


Seit seiner Kindheit möchte Ahmad Albittar Politiker werden.

„Er ist ein besonderes Beispiel“, findet Anastasia Bresler, Leiterin des JMD Chemnitz (AWO). Ihre Kollegin Irina Volz hat Ahmad beraten. Generell sei es jedoch eher so, dass bei der Beratung weniger politische als ganz praktische Fragen wie etwa über Partnerschaft und Familie, Arbeit und Ausbildung, Rassismus und Diskriminierung zur Sprache kämen.

Gespräche auf Augenhöhe mit Politikerinnen

„Wir merken, dass diejenigen, die an Politik interessiert sind, auch sehr motiviert sind“, so Bresler. Sie seien in Netzwerken oder Beiräten engagiert und besuchten Veranstaltungen, so wie Samira, die sogar Kontakt zur ehemaligen bayerischen Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) hatte. Dies verdankte sie einer Anfrage an den Augsburger JMD für die Kinder- und Jugendkonferenz des Freistaates. „Samira kann sich gut äußern und formulieren, um was es geht“, lobt der 52-jährige Diplom-Sozialpädagoge Hörr. „Man konnte offen sein mit ihr“, sagt Samira über die Ex-Ministerin. Die Begegnung hat einen positiven Eindruck bei ihr hinterlassen. „Manchmal entwickelt man gemeinsame Ideen“, reflektiert sie über die Begegnung auf Augenhöhe. Sie hat sogar eine weitere Einladung zu regelmäßigen Treffen mit Carolina Trautner bekommen. Der Augsburger JMD fördert solche Aktivitäten: „Wir geben Tipps für Veranstaltungen vor Ort, nehmen uns Zeit für Diskussionen“, erklärt Hörr. Allerdings bleibe aufgrund der großen Nachfrage nach Beratung kaum Zeit dafür.

Auch Farzana Mokhtari, die in Bad Liebenzell bei Calw wohnt, hat schon eine bekannte Politikerin getroffen: Saskia Esken, die Co-Vorsitzende der SPD. Zusammen mit einer Gruppe Jugendlicher wurde die 21-Jährige nach Berlin eingeladen. „Ich finde es stark, dass sie so viele Sachen für Frauen macht“, betont Farzana, die wie Samira gebürtige Afghanin ist. „Normale Personen können in meiner Heimat keine Politiker treffen.“ Überhaupt werde dort Politik nicht so ernst genommen.

Investition in die Zukunft

Wie auch für Samira, ist Gleichberechtigung für die Auszubildende zur Kauffrau im Groß- und Außenhandel ein wichtiges Thema. „Ich wusste nichts über Deutschland“, sagt Farzana, „aber ich wusste, dass man Werte und Rechte als Frau hat.“ In Afghanistan sei das nun sehr schwierig. „Dort müsste ich jetzt zuhause bleiben und könnte meine Träume nicht erreichen.“ Eine politische Karriere hätte sie sich trotzdem auch in ihrer Heimat vorstellen können. „Ich wollte Journalistin werden, denn dies ist eine gute Möglichkeit, ins Parlament zu kommen.“


Farzana Mokhtari im Austausch mit Iaroslava Bdzhola vom JMD Calw.

„Man muss Politik so gestalten, dass zugewanderte Jugendliche mitwirken können“, fordert ihre Beraterin, Iaroslava Bdzhola, vom JMD Calw (IB). Für die Arbeit der JMD wünscht sie sich mehr Beachtung seitens der Politik: „Jugendliche sind unsere Zukunft und wenn man eine gute Zukunft will, muss man investieren.“

Das findet auch Bresler (JMD Chemnitz). Insbesondere würden zugewanderte junge Menschen zu wenig von der Politik beachtet und nicht genug in politische Entscheidungen einbezogen. Es sei ein Fehler zu glauben, sie würden nur kurz bleiben und dann wieder zurück in ihre Heimatländer gehen: „Die Mehrheit bleibt“, weiß die 35-Jährige. So auch Ahmad, der gerade eine Lehre zum Kfz-Mechatroniker macht. Inzwischen hat er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen: „Wenn man die Einbürgerung hat, kann man überall mitwirken und mitmachen“.

In der aktiven Politik mitmischen würde auch gerne die junge Augsburgerin Samira: „Mein Ziel ist es, Stadträtin in Augsburg zu werden.“ Auch ein Engagement in der Bundespolitik schließt sie nicht aus. „Viele glauben, sie haben gar keinen Einfluss“, findet sie. Deshalb würden sie sich auch nicht dafür interessieren. Sie bräuchten ein Vorbild. Das gelte besonders für Migrantinnen: „Die Frauen müssen mitbekommen, dass sie etwas verändern können.“


Samira Taheri wird in Augsburg von JMD-Mitarbeiter Manfred Hörr betreut.

Deshalb bietet der JMD Calw ein neues Projekt speziell für sie an. „Voices“, heißt es und beschäftigt sich mit der Rolle dieser Zielgruppe in der Gesellschaft. „JMD und IB arbeiten viel in dieser Richtung“, betont Bdzhola vom JMD Calw.

Samira, Ahmad und Farzana sind schon auf dem besten Weg, ihre Stimme in der deutschen Politik hörbar zu machen. Dass noch viele weitere junge zugewanderte junge Menschen sich engagieren - daran arbeiten JMD mit verschiedenen Angeboten bundesweit.

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Text und Bilder: Servicebüro Jugendmigrationsdienste